Sternschanze (German Edition) by Ildikó von Kürthy

Sternschanze (German Edition) by Ildikó von Kürthy

Autor:Ildikó von Kürthy [von Kürthy, Ildikó]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
Tags: Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-04-03T23:00:00+00:00


Eine enttäuschende SMS um 10 Uhr 20

«Hast du dich bei Henk schon gemeldet?»

«Bist du bescheuert?»

«Hat er denn deine Nummer?»

«Ich glaube mich daran zu erinnern, dass ich ihm spätnachts eine Visitenkarte von Food & Dance gegeben habe. Da steht meine Handynummer drauf.»

«Und?»

«Nichts. Ich bin mir aber sicher, dass er sich meldet. Vielleicht liegt es nur an seinem putzigen Akzent, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Henk zu der schlecht erzogenen Sorte Mann gehört, die nach einem Sexualkontakt nie wieder von sich hören lässt.»

«Ist Männern eigentlich klar, was sie damit anrichten? Ich hoffe, es gibt in der Hölle einen ganz besonders scheußlichen Ort extra für die Arschlöcher, die sich nachher nicht mehr gemeldet haben. Ich habe schon mal angerufen bei einem Mann, um ihn zu fragen, ob ich womöglich seinen Anruf verpasst hätte. So weit ist eine Frau zu gehen bereit, bloß um nicht als eine dazustehen, die nachher nicht angerufen wird.»

«Durch die fehlende Resonanz wird man um das Beste gebracht: die schöne, vaginal verbrämte Erinnerung, das ozeanische Grinsen, wenn man an einen Akt zurückdenkt, der oftmals, seien wir ehrlich, so berauschend gar nicht war. Meistens setzt der Rausch ein, wenn’s vorbei ist und man sich ganz in Ruhe die Sache schöndenken kann. In der Nachbetrachtung wird die Angelegenheit von der eigenen Phantasie geschickt retuschiert, ein vibrierender Rückblick, der mit der Realität nicht mehr sonderlich viel gemein hat. Aber das geht natürlich nur, wenn der Kerl sich noch mal meldet. So hart ist keine Frau drauf, sich einen Miesling schönzuphantasieren, der offensichtlich nur mit ihr geschlafen hat, weil es immer noch etwas besser ist, als sich einen runterzuholen. Henk, tu mir das nicht an! Einen Nichtmelder kann mein Katerschädel jetzt wirklich nicht verkraften.»

«So ein Generalkonsul hat sicherlich viel zu tun. Vielleicht solltest du dich dann doch bei ihm melden. In Zeiten der Emanzipation …»

«Geht’s noch? In diesem Fall käme Emanzipation einer Kastration gleich. So weit sind wir noch lange nicht, dass Frauen beim Anruf danach die Initiative übernehmen sollten. Glaub mir, Schwester, wenn ich Henk jetzt anrufe, kriegt der bei mir nie wieder einen hoch.»

Ich schweige betroffen. So gesehen steckt der Feminismus ja wirklich noch in den Kinderschuhen.

Die Nachricht von Henk kommt eine halbe Stunde später:

«Hast du gut geschlafen?»

Leonie macht aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. «Na, der geht aber ran. Es gibt nichts Mühsameres als Affären mit schüchternen Männern. Die musst du zu ihrem Glück zwingen, und wenn sie verheiratet sind, ist es besonders anstrengend, weil du ihnen dann ständig ihr schlechtes Gewissen ausreden musst. Dabei haben die meisten gar kein schlechtes Gewissen. Sie glauben bloß, als anständiger Mann eines haben zu müssen.»

«Ist Henk verheiratet?»

«Gute Frage. Solange ich noch halbwegs nüchtern war, hat er über holländische Innenpolitik gesprochen. Und dann haben wir nicht mehr gesprochen.»

«Was hat dir eigentlich an ihm gefallen? Kannst du dich daran wenigstens noch erinnern?»

«Er sieht aus wie mein Lieblingscousin Sebastian.»

«Das spricht natürlich sehr für ihn. Willst du ihn überhaupt wiedersehen?»

«Ja, zumindest würde ich gerne meine Erinnerungslücken auffüllen.»

«Hallo ihr Schnuppelbäckchen! Ich habe phantastische Neuigkeiten!» Erdal stürmt ins Büro



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